TV-Terror Heute: Psychopaten-TV

Manchmal ist doch wirklich die Frage geboten, ob man sich mit bestimmten Sendungen überhaupt näher befassen sollte. Euch dieses Exemplar der spätkapitalistischen Abendunterhaltung ins Bewußtsein zu rücken, ist mir jedoch ein inneres Bedürfnis.
In losen Folgen beglückt uns RTL mit "TOTAL VERRÜCKT" plus einem wunderschön reißerischen Untertitel.
Die Zutaten: Ein Schauspieler des Hauses, namens Sven Martinek, der ansonsten einen Clown spielt und allein schon durch diese Befähigung dazu prädestiniert ist, als Moderator durch die Sendung zu führen; Beiträge über Unfälle, Naturkatastrophen, Verfolgungsjagden aus aller Herren Länder vorzustellen bis die Schwarte kracht inklusive notdürftig übersetzter Polizeidurchsagen und Kommentare, deren Dummheit einem den Atem stocken läßt. Dazu dann noch einen Sendeplatz zur Prime-time (Sonnabend um 20.15) und die Zuschauerquote ist gesichert.
Den Anfang dieser Schows machten die "Gesichter des Todes “, allerdings nur auf Video und ab 18 Jahren erhältlich (ha, ha). Dort führte ein dürrer ,ziegenenbärtiger Pathologe mit Schlaghosen durchs Programm. Gezeigt wurden größtenteils Amateurfilmchen, wo Leuten beispielsweise beim Autoteile abbauen das Bein abgetrennt wird oder jemand in einer Schiffsschraube zu Hackepeter verarbeitet wird, die Benutzung des elektrischen Stuhls und auch Formen des Kannibalismus waren mit von der Partie. Dem ganzen wurde dann noch ein medizinisch-aufklärerischerAnstrich gegeben aber die Sache ist dann wohl doch eher ein Geheimtip unter Psychopaten und Nekromantikern geworden.Aber das waren die Achtziger und außerdem die USA.

In den Neunzigern und in Deutschland wurde das Prinzip des Unfallvoyeurismus schön langsam und schleichend etabliert. Zuerst konnte man sich im TV- Shop irgendwelche Videos bestellen, in denen Tiere sich gegenseitig zerfetzen. Dann kam für ein breites Publikum "Bitte lächeln" an den Start, wo Eltern ihre Kinder die Schaukel runterschmeißen und den Film zu "Bitte lächeln" schicken, um eine neue Videokamera zu gewinnen. Bei "Total verrückt" geht's dagegen schon etwas härter zur Sache. Zwar wird uns stets und ständig versichert, das daß Opfer sich noch heute bester Gesundheit erfreut und überhaupt im Film höchstens Schwerverletzte vorkommen, Während uns bei "Gesichter des Todes" beruhigend erzählt wurde, der oder die Ärmste habe nicht sehr lange leiden müssen, aber das Prinzip bleibt trotzdem dasselbe.
Die erste Folge hatte als Schwerpunkt Verkehrsunfälle und Verfolgungsjagden, die hauptsächlich aus den USA stammten. Weiter ging´s dann mit kleineren und größeren Mißgeschicken von Mensch und Tier, wobei mir persönlich am besten gefallen hat, wie irgend ein Hirni seinen Kopf in ein ausgehungertes Krokodilmaul stecken mußte und... Na ja, eben passierte was passieren mußte. Die dritte Folge wird hoffentlich bald nachgeschoben.
Fazit: es ist definitiv perverse Scheiße. Aber um zu sehen, wie hierzulande Medienmacher die amerikanische Unterhaltungsbranche reflektieren bzw. um die geistige Umnachtung unserer Zivilisation direkt proportional zu den Einschaltquoten dieses Schwachsinns zu setzen reicht es allemal

. gak