Gokiburi Hoi Hoi

Ja, ja, ich hör`schon, wie sie sich wundern: “Wat is dat denn?” - Es geht um Kakerlaken. Aber um das gleich klar zu stellen, ich rede hier nicht von den niedlichen Tieren, denen man in seiner Küche begegnet, wenn man sich mal länger den Kartoffelschalen nicht widmet. Ich rede von den japanischen Exemplaren! Bei denen kann man Glück oder Pech haben. Wenn man Glück hat, tritt man drauf, es knackt, und die Überreste verteilen sich auf Fußboden und Schuhe, so man denn welche anhat. Wenn man Pech hat, tritt man drauf, es knackt nicht und wenn man nachschaut laufen sie munter weiter oder fliegen einfach weg. Aber das können sie angeblich nur im Sommer.

Die Bekanntschaft unserer neuen Mitbewohner durfte ich schon am Tag des Einzugs in dieses so heimelige, japanische Wohnheim machen. Bis heute ist mir unklar, wie sie die Zeit seit dem Auszug unserer Vorgänger überlebt haben, denn wo ich hinsah: Stahl. Stahlbett, Stahlregal, Stahlschreibtisch, Stahlstuhl, Stahlsch.. - nein, Kühlschrank, aber auch nicht so genießbar. Wie auch immer, nach unserem Einzug blühten die kleinen Fühlerträger sichtlich auf und gründeten neue Stämme. Nun ist der Japaner an sich auf dieses Naturphänomen eingestellt und so wurden wir kostenlos mit einem Spray zur Bekämpfung der Sechsfüßer ausgerüstet. Laut Aufschrift sollte man die kleinen Gepanzerten besprühen, die sich dann eine Art Atemwegsinfektion holen und nach einigen weiteren tapferen Metern tot zusammenbrechen. - Soweit die Theorie. - Nun kann man das schlecht nachprüfen, wenn 10 cm weiter das Schlupfloch ist und sie einfach in der Wand verschwinden. Also gingen wir dazu über, so lange zu sprühen, bis sie einfach in dem Zeug ertranken. Das dauerte allerdings ganz schön und erhöhte den Verbrauch drastisch, so daß der Pförtner uns das Gift rationierte. Wir suchten also in einschlägigen Fachgeschäften nach Alternativen und stießen auf “Konbatto”, oder, um es in ein richtiges Englisch zu bringen: “Combat”. Der Name ist Programm, dachten wir und griffen zu. Laut Aufschrift krabbeln unsere Freunde, von einem tollen Duft angelockt, in die Falle, fressen von dem lecker Gift, infizieren sich, laufen zurück ins Nest, stecken dort alle anderen an und segnen dann gemeinsam das Zeitliche. - Soweit die Theorie. - Nun läßt sich aber die Wirksamkeit dieser so intelligenten Waffe noch weniger kontrollieren, als die des Sprays, und als die kleinen Vielaugen auch nach Wochen noch genauso munter in unserem Müll rumwühlten, fingen wir an, ernsthafte Zweifel zu hegen. Also besuchten wir ein anderes einschlägiges Fachgeschäft. Und diesmal nahte die Rettung, so wurde uns jedenfalls versprochen: Gokiburi Hoi Hoi!Seit Jahrzehnten König unter allen Fallen mit einem jährlichen Wettbewerb um die größte getötete Küchenschabe. Laut Aufschrift werden sie angelockt, fressen das Gift uns verenden jämmerlich auf der Stelle. - Soweit die Theorie. - Verschwiegen wurde der kleine Unterschied, daß sie zwar auf der Stelle sterben, aber nicht sofort. Der Todeskampf dauert schon ein wenig. Ein paar Stunden, um genau zu sein. Aber die kratzenden und schabenden Geräusche mitten in der Nacht beruhigen letztendlich doch, schließlich geht es nun vorwärts. Und es ging vorwärts, die Blatta orientalis wurde ein selten gesehener Gast in unserem Zimmer. Manchmal hat man sie fast ein bißchen vermißt. Aber dann blieb ja immer noch die Möglichkeit, sie in ihrem ewigen Himmelsreich zu besuchen, der Gemeinschaftsküche. Joke

P.S.: Der Sieger des vor zwei Jahren aktuellen Wettbewerbes gewann nur knapp mit einem zwölf Zentimeter großen Exemplar - ein in einem Wohnheim allein lebender Student. Wenigstens konnte er sich über den Gewinn von ca. 1.500 DM freuen.