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Terror um 7Uhr morgens

Ich bin grundsätzlich nicht der Typ Mensch, der, wenn er nicht muß, die horizontale Position zugunsten der vertikalen vor 10 (11, 12) Uhr morgens aufgibt. Wenn es meine Zeit erlaubt, kann ich sogar nachdem irgendeine hirngestörte Kanaille mich aus irgendeinem nichtigen Grund um 13 Uhr angerufen hat, ohne nennenswerte Gewissensbisse zu meinem geliebten Kissen und meiner noch heißgeliebteren Decke zurückkehren, um vielleicht noch ein paar Stündchen in Morpheus’ behaglichen Armen zu verbringen. Nun zwingt mich leider täglich der in einer früheren Ausgabe erwähnte Umstand meiner Tätigkeit im Einzelhandel dazu, diesem Paradies nicht nur während der Tage zu entsagen, die der ‘normale’ Mensch als “Werktage” bezeichnet, sondern himmelschreienderweise auch am Samstag, dem zweitheiligsten aller Tage. Dies allein wäre vielleicht gerade so noch zu verkraften, bin ich ja schließlich jung an Jahren und ein grundsätzlich positiver Charakter - da ist nur eine Sache. Eine Sache, die mir den Tag vergällt, meinen Haarausfall beschleunigt und auch jetzt meine Hand vor Wut zittern läßt.

Die Schlange beim Bäcker.

Es will mir nicht in den Kopf, daß Menschen, die wirklich keinen Grund haben, am Samstagmorgen so früh aufzustehen wie ich, vielleicht abgesehen von dem Wunsch der/dem häßlichen oder keifenden oder häßlichen und keifenden Alten daheim zu entgehen. ABER: muß das Ziel dieser Flucht ausgerechnet mein Bäcker sein ??? Warum nicht der nächste Puff , die nächste Tankstelle, das nächste Getränkekombinat ? Warum ausgerechnet mein Bäcker, nicht nur nur 10 Meter von unserer Haustür entfernt liegt, sondern außerdem auch noch die leckersten Doppelten der ganzen backenden Welt macht, die allein der Grund sind, daß ich, der ich für jede zusätzliche Sekunde Schlaf morden würde, 1 5 M i n u t e n früher meinen Schlaftempel verlasse, warum ? Ich will es euch sagen: Es ist eine Verschwörung. Sie haben es einzig und allein auf mich abgesehen. Ich habe es oft genug beobachtet: In dem Moment, in dem ich unser Haus verlasse, sehe ich, wie alle Personen auf der Straße mit kurzem Blick auf mich die Richtung ändern und ihre Schritte beschleunigen. Sogar die Sieche, die immer den ganzen Tag besoffen vorm Fleischer rumhängt, rast auf einmal wie bescheuert auf den Bäcker zu, als gäbe es dort Kornbrötchen. Wenn ich mich anschicke die Herausforderung zum Wettlauf anzunehmen, fällt garantiert vor mir eine fünfköpfige Großfamilie um und versperrt mir, dämlich auf dem Trottoir zappelnd, den Weg. Bis ich also den Bäcker erreiche, kann ich sicher sein, daß dort nicht wie vor fünf Sekunden noch drei, sondern inzwischen dreißig Menschen stehen, die mich wahlweise hämisch angrinsen oder kalt durch mich hindurchstarren. Einmal habe ich mich sogar angestellt. - Damit hatten sie nicht gerechnet: einer verließ sofort die Schlange, andere wiederum vergaßen, endlich an die Reihe gekommen, prompt, was sie wollten.
Doch normalerweise, verharre ich beim Anblick der feindlichen Übermacht für die Dauer eines Schmetterlingflügelschlags, frage mich was wohl Muhammad Ali an meiner Stelle tun würde, tue es aber nicht, sondern lasse einfach die Schultern sinken und gehe wieder nach Hause.
Dort beschimpfe ich das alte, gammlige Toastbrot auf das Übelste und gehe mit dem Gedanken: ‘Wenn ich einmal Rentner bin...’, ohne Frühstück zur Arbeit.

hau

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