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HILTI is the best- Fuck the rest!

Trotz der sprichwörtlich einfachen, bis primitiven Sozialisierungsstrukturen deutscher Bauarbeiter, muß man selbiger Spezies ein hohes Maß an komplexen Verhaltensmustern zusprechen, welche immer wieder auf`s Neue dazu in der Lage sind, mich zu verblüffen. Es ist kein Geheimnis, daß Bauarbeiter dem Baueigentümer an die Wände pissen, genauso wie es üblich ist, abgehangene Decken mit leeren Bierflaschen, Bananenschalen, Joghurtbechern, Kippen und ähnlichem Widerwärtigen Zeugs zu füllen, auch gibt es Gerüchte, die ich an dieser Stelle bestätigen möchte, nach denen Broiler, Bratwürste und Pommes in die Fundamente eines jeden Neubaus mit eingearbeitet werden, die dann nach Abverlauf der Gewährleistung für eine Rißbildung mit oft apokalyptischen Auswirkungen auf die Gesamtstatik des Millionenbaus verantwortlich sind.
Umso erstaunlicher ist es, wenn dieses verantwortungslose, grobschlächtige Pack dazu in der Lage ist, eine solch herzliche, wie auch intensive Mutter-Kind-Beziehung aufzubauen, wie sie in vielen deutschen Familien ihresgleichen sucht. Die Rede ist, Kenner der Szene werden es sicher längst erraten haben, von der unglaublichen Materialisierung reinster Arbeitskraft :

Kein Mensch ist von Geburt an mit diesem Geschenk Gottes vertraut und es bedarf hierzu einer Reihe von Initialisierungsriten, ehe man sich einen Illuminaten der Befestigungstechnik nennen darf. Dies nun ist meine Geschichte : Früh schon bemerkte ich in den ersten Tagen meiner Lehre, daß es Dinge gab, deren wahrer Gehalt noch nicht für mich zu erschließen war. So begriff ich nicht, warum der Geselle, mit dem ich zu dieser Zeit auf Außendienst unterwegs war, kurz vor Feierabend seine Pranke um meine Schulter schlung, und mit tiefgestellter, vor Erregung zitterner Stimmen jene salbungsvollen Worte zu mir sprach:”Eh, brauchste `nen Zollstock ?” Eigentlich brauchte ich keinen, aber irgendetwas in seinem Benehmen ließ mich eifrig nicken und ich erhielt mit einem feierlichen Grunzen mein erstes Produkt der Firma HILTI.

Zweifelsohne keine sehr bedeutsame Zuwendung meines Kollegen, aber immerhin so von ihm in Szene gesetzt, daß ich mich einige Tage nicht getraute, den neuen Gliedermaßstab zu benutzen. Ich will euch nicht langweilen mit den Diensten, den dieser 2 Jahre an einem Glied gehalten, in voller Länge nicht einklappende, tausende Kabel in Zwischendecken findene, zimmerdckenmittelpunktsuchende Holzgliedermaßstab in meinen Händen verrichtete, aber allein der Fakt, daß ich am Ende meiner Lehre noch immer diesen Einen, wenn auch inzwischen sich im Rentenalter befindenen Zollstock als mein einzig eigen bezeichnen darf, sollte Beweis genug für die treue Erfüllung seiner Pflicht stehen. Doch HILTI ist nicht allein mit Zollstöcken zu dem geworden, was mir diese arschkriecherische Erzählweise abverlangt. Vielmehr besteht die Bedeutsamkeit der Firma HILTI darin, alles, aber wirklich auch den letzten Furz an die Wand oder sonstwo fixieren zu können, und jenes mit der goldenen Melange aus New-School-High-End-Technologien und Old-School-Schwerlast-Stahlbautechnik. HILTI ist wie ein gewisser MR. Wolf aus dem Comic-Strip “Pulp Fiction”: HILTI lößt Probleme. Was will man machen, wenn Oma Krause an ihrer Altbaudecke, die nur aus aufgeschütteten Sand besteht, den fetten Kronleuchter aus der Kaiserzeit montiert haben will, ohne damit ihr ohnehin nicht mehr allzu lange andauerndes Leben fahrlässig zu verkürzen?

Was will man machen, wenn der bekloppte Bauherr den 10 kw Nebenschlußmotor für den Fahrstuhl an der Decke des Obergeschosses befestigt haben will, wo er nicht nur die Fahrgäste und die Kabine, sondern zu allen Überfluß auch noch den Motor selbst vor dem schlagzeilenträchtigen Absturz bewahren soll? Wie will man in den Messehallen auf dem Skylift in 13m Höhe vernünftig arbeiten, ohne wegen irgendwelchen Schrottakkus alle 4h auf die Erden zurückkehren zu müssen? “HILTI” ist die Antwort, die dir jeder, nicht völlig vom Geiz zerfressene Chef der mit der Fertigstellung deiner Arbeit in den nächsten 100 Jahren rechnet, geben wird. Doch wie steht es um die Geschichte dieses Sympathieträgers der breiten Arbeiterschaft?
Es geht die Mähr, daß es sich bei HILTI um den Nahmen eines gebeutelten Lehrlings aus dem fernen Luxemburg handelt, der vor unserer Zeit die Last der ihm aufgebürdeten Aufgaben nicht mehr ertragen wollte. Anstelle seiner Muskeln benutzte er seinen Kopf und dachte sich allerlei Patente aus, die dem begnadeten Jüngling viel Ehre und Geld einbrachten. Fortan dachte sich dieser perverse Hund alles, aber wirklich auch alles aus, was die Wirtschaftswelt grün vor Neid werden Ließ. Denn eines ist ein Fakt: HILTI kostet. Aber richtig.

So kann man auch als Außenstehender beobachten, wie Bauarbeiter mit stolzgeschwellter Brust und dem HILTI-Koffer auf der Schulter zu den Pausenzeiten zum Imbiss flanieren, um dort den Koffer wie einen Benz für alle gut sichtbar auf dem Stehtisch einzuparken, anstelle ihn wie sonst alles zur Pausenzeit aus der Hand fallen zu lassen, um es seinem polnischen Schicksal zu überlassen. Ich entsinne mich auch noch genau der Worte unseres Gewerkschaftsfuzzis, der zunächst mit der Behauptung.”Wenn der Alte krachen jeht, gib`s keenen Pfennich mehr, ejal wieville er dia noch schuldet...” Meinen Unterkiefer aushängte, aber dann mit dem Tip.” Schnapp dir dann sofort die TE 74 aus der Konkursmasse und jeh mit`m Typenschild mal nach Feierabend bei ihm anklopfen. Wirst mal sehen, wo er der uff eenmal det Jeld herzaubert.” Wieder in seine alte Stellung zurückschob. Bei aller Euphorie will ich an dieser Stelle auch nicht davor zurückschrecken auf das dunkelste Kapitel der HILTI-Geschichte hinzuweisen : Keine anderen, als die blöden Italiener haben es nämlich fertiggebracht, die letzte Bastion maskulinen Ehrlichkeitsfanatismus dem Erdboden gleichzumachen.
Diese perversen Hunde sind in den frühen 80ern ohne Spur jedweden Ehrgefühl mit HILTI - Akkumaschinen und HILTI-Schwerlastanker auf einige bis dato unbezwingbar geltende Gipfel der Dolomiten geklettert. Peinlich, aber in der Tat auch ein verlockendes Stück Perversion. Kurzum, wenig hat uns die Einheit mit dem Finanzkapitalismus gebracht, aber so ein paar Dinge will ich in meiner neuen Welt auch nicht mehr missen müssen. Wer das für Kooperation mit dem Feind hält, hat keine Ahnung, denn zahlen müssen schließlich die Chefs als auch die Bauherren und nicht damit ihre Villen schöner werden, sondern dafür, daß die Arbeiter mehr Spaß am Arbeiten haben. Allemals besser als kostenlose Pornofilme für die Mittagspause, wie ich neulich als Herzenswunsch eines mir vorgesetzten Obermonteurs verlauten hörte.

Steiner

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