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Gates of Doom

Jeder, der einmal seine müden Knochen über die Schwelle des WB 13 geschliffen hat, wird sicher schon Bekanntschaft mit dem dortigen Eingangsbereich geschlossen haben.

Für diejenigen, die noch nicht in diesen Genuß gekommen sind, oder den Mob, der einfach immer viel zu straff ist, um dieses Arrangement aus Glas und Holz aus dem Stand vor dem inneren Auge projezieren zu können, will ich noch einmal auf die architektonische Besonderheit dieses Kleinods ostdeutscher Baukunst aufmerksam machen.
Einstmals als Schleuse für die damaligen Bewohner unserer heiligen Hallen (Gewürm zwischen 3 und 6 Jahren) gedacht, um diese in ihrem Freiheitsdrang zu beschränken, ist sie noch heute ein trostloses Relikt quadratischer Grundfläche und trotz der Totalverglasung Alptraum aller Klaustrophobiker. Mühelos können die sich gegenüberliegenden Wände mit ausgestreckten Armen berührt werden und die farbliche Gestaltung im “Diane 20” lila dient auch nicht gerade dazu, diesen Ort als eine Stätte des Friedens und der Liebe zu empfinden.

Welch düstere Bedeutung diese Zelle wirklich hat, wird deutlich, wenn man einmal das Augenmerk auf die beiden Türen richtet, die jeweils mit einem solch bedeutungschwangeren Radau in ihr Schloß fallen, daß der alte Beethoven wohl eine Sinfonie mit dem Türenknall zum besten gegeben hätte, würde er noch unter uns weilen. Aber es kommt noch viel schlimmer: Solche Türen knallen nicht ohne Grund, und dieses wurde mir neulich nach einer Probe transparent wie ein Leichenhemd. Schon einige Zeit, spätestens aber jedoch nach dieser Nacht, wo vor dem Fenster unseres Proberaums ein junges Leben mit einem Strick ausgelöscht wurde, während wir uns wie immer die alten Hits um die Ohren prügelten, habe ich gutgehend Schiss, alleine in den Gängen unseres Klubs unterwegs zu sein. Ich glaube nicht an Zombies oder solchen Quatsch, aber ich bin jedesmal schwer am rennen, wenn meine Gedankenwelt damit droht, schlimmste Imaginationen zu materialiseren. Jedenfalls hatte ich gestern, begünstigt durch ein etwas überdimiensionierts Tütchen, mit dem schlimmsten Anfall dieser Art zu kämpfen. Die Leute von meiner Band trugen außer ihren Instrumenten keinerlei Verantwortung mit sich rum und waren dementsprechend schnell aus dem WB 13 verschwunden.
Ich war allein und hatte noch ungefähr 200 Türen abzuschließen, was sich nicht gerade beruhigend auf die in mir aufkeimende Angst auswirkte. Durch das Kiffen eh schon schwer am Zittern, gelang es mir nicht ansatzweise alle Handlungen konzentriert durchzuführen, so daß ich mal wieder vergaß, das Licht am Ende des Gangs auszuknipsen. Ich rang mit mir und meiner Muffe, und entschied mich mal wieder für das Falsche:
Ich betrat erneut den Gang. Unnötig zu erwähnen, daß mir jemand folgte, hinter dem Fenster auf mich wartete, etwas über dem Boden kroch, an den Wasserrohren hing, mich begrabschte, mir an den Haaren zog, vor meinen Augen verfaulte, in den Wänden lebte und nicht zu vergessen: Vor mir das Licht ausschaltete! Scheiße!

Ich wäre wie von der Tarantel gestochen aus dem Klub geschossen, wenn nicht noch die beknackte Alarmanlage von mir verlangt hätte, mich anderthalb Minuten in der Schleuse aufzuhalten. Ich litt Höllenqualen. Und langsam begriff ich: Dieses kleine Aquarium der Klaustrophobie war die Schleuse zwischen unserer Welt und der des WB 13, wo augenblicklich alle physikalischen Grundprinzipien ad absurdum geführt wurden. Und diese Scheiß - Dunkelheit! Ich wußte mir keinen Rat mehr, ließ den Schlüssel im Schlüsseltaster stecken und entwich durch die äußere Tür in die normale Welt.
Augenblicklich fiel die Angst von mir ab. Doch das Auto wartete ungeduldig und führte mir vor Augen, daß ich der Gefahr noch nicht entwichen war, da mein Schlüssel noch immer in der Schleuse steckte. Hinter der Scheibe sah ich, wie eine Geburt rückwärts ablief und ähnliche widerliche Szenen. Noch beim Abschließen versuchte irgendetwas in die Schleuse zu gelangen, aber ich wartete nicht solange, bis es damit auch noch Erfolg haben könnte. Irgendwann haben die mich am Arsch.

steiner

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