Es ist für mich immer wieder schockierend,wie leichtfertig in Berliner
Straßenbahnen das Leben junger Menschen verheizt wird. Ich habe diese
Formulierung bewußt gewählt, kommt sie doch der Hölle, die ich erst heute
wieder durchmessen mußte, am nächsten. Ich möchte hier nur kurz auf die
Vorgeschichte eingehen, eine kleine Feierlichkeit am Vorabend mit ein paar
guten Freunden im privaten Rahmen. Wir haben gesoffen, was auf die Kappe ging
- aber das wirklich nur am Rande. Und daß in jener Wohnung alkoholische
Getränke jetzt höchstens noch auf der nächsten Einkaufsliste stehen, können
von mir aus andere anprangern.
Fakt ist, daß mir heute aufgrund eines
unerklärlichen Taubheitsgefühls in meinem Kopf der schicksalsschwere Fehler
unterlief, mich in die Stadt zu begeben ohne auch nur einen Schluck Wasser bei
mir zu tragen, geschweige denn getrunken zu haben. Bereits die ersten
Sekunden in der Straßenbahn überrollten mich in unbarmherzigen Hitzewellen.
Daß mein Kreislauf nur noch den kleinen Kreis lief, zwang mich zum Hinsetzen,
und ließ mich zudem auch die Bekanntschaft mit einer Heizung machen, deren
einzige Aufgabe darin bestand, heiße Luft zu erhitzen. Liebe Leserinnen und
Leser, ich rede hier nicht von Unpäßlichkeiten, sondern von Höllenqualen,
gepaart mit der Angst, noch vor dem Kollabieren zu sterben. Durst ist
vielleicht ein mißverständlicher Name für ein Kind, das dir gerade Pudersand
in die Nase stopft, während es dir die Zunge an den Gaumen nagelt.
Dehydratation läßt schon vom Wortklang eher ahnen, in welchem Death Valley
meine Gebeine bleichten. Ich hätte wahrscheinlich geschwitzt wie eine Salami
im Ofen, wenn nur überhaupt noch irgendein verdammter Tropfen
Flüssigkeitsrest in der Lage gewesen wäre, sich aus meinem eingetrockneten
Gewebe herauszukondensieren - ich war trockener als gefönte Watte ! Jeder
Versuch, mir über die Lippen zu lecken, mußte mit einer blutigen Zunge enden,
das kristallisierte Salzauf meiner Haut hätte Albanien reich gemacht. Bei
jedem Atemzug brachen mir ein paar Nasenhaare ab, und meine Schleimhäute waren
so spröde, daß sie im Export chinesisches Pergament geschlagen hätten. Und
was tat die Bahn zu meiner Unterstützung? "Veränderte Linienführung aufgrund
von..." sagte eine krächzende Stimme aus dem knisternden Lautsprecher. Hilflos
wie ein Keks im Sommer mußte ich mitansehen, wie meine Bahn zur großen Runde
ausholte, und während der Staub, zu dem ich zerfiel, in die Ritzen des
Sitzpolsters rieselte, fiel die Belüftung aus. (Was offensichtlich nicht
unerhebliche zusätzliche Stromkapazitäten für die Heizung freisetzte.) Daß
ich diese fahrende Wasser- entzugs- Verdörrungs- Maschine überlebt habe, hat
mich nicht nur religiös gemacht, sondern mir auch meine Verantwortung für
andere junge Menschen und meine Avantgarde-Rolle im Kampf gegen die
Dehydratation vor Augen geführt. Dehydratation in der Straßenbahn ist
lebensgefährlich ! Ich fordere deshalb den sofortigen Austausch der
Fahrkarten- gegen Getränkeautomaten, und die Bewaffnung der Wachdienste mit
Wasserpistolen. Ferner individuell temperierbare Wasserbett-Bänke und
lösungsmittelfreie Eddings. Unterstützt die "Initiative gegen Dehydratation
in Straßenbahnen!" Mit Spenden an: rog
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