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everybody's talking 'bout the surf ...! - Interview mit den Turnmarshalls

Auf der Insel (Treptow) traf ich die Turn Marshalls und es entspann sich ein gar lustiges Gespräch:
gz: Bruno, vielleicht sagste erstmal īne Jahreszahl - seit wann gibts für dich Surf ?
br: Surf gibts für mich ziemlich genau seit 1988, seit 10 Jahren hör ich das, ich hab erst 50er Jahre gehört, Rockabilly, und es ist ja für viele īne automatische Entwicklung, dann mal īn bißchen mit īnem anderen Rhythmus und trotzdem mit dem alten Sound durchzuspielen.
gz: gabīs da einen speziellen Anlaß ?
br: Dick Dale - aber das war halt vor diesem Film schon (pulp fic - A.d.A.) Ich hab īn Freund in Offenbach, der ist Geschäftsführer vonīnem Plattengeschäft, der hat mich immer mit neuer Musik ver-sorgt, und der hat mir meine erste Dick Dale damals ge-schenkt und das hat sich dann so entwickelt.
gz: Zum Begriff Surf fällt einem zuerst vielleicht Kali- fornien ein, Surfen, beach boys - kannst du kurz sagen wie/wo/wann der Begriff entstanden ist ?
br: Das weiß ich nicht genau, ich denke das Surf wirklich von dieser Sportart abgeleitet ist, also ohne Wind, nur Surf so richtig, wie Robby Nash auf Hawai, aber genau wissen tu ichīs nicht - man kann natürlich auch das soziale Umfeld radi-kaler Fetischisten nehmen aber ich weiß nich, das wird wohl nich stimmen... Das fing an so ī61/ī62, da kenne ich so die ersten Plat- ten ...
gz: So als Anti-Bewegung zu Elvis ...?
br: Nee, glaub ich nicht, das war einfach College-Musik, das warīn Studenten, die tagsüber nich sooviel gemacht haben und trotzdem abends ausflippen wollten. Ich hab mal īn Foto gesehn, da habenīse ihre Coupes am Strand poliert, und drunter stand: zwei Mädchen für je- den Jungen oder so. Hab ich jetzt aber nicht hier
gz: schade eigentlich...br: Ich habīs ja leider auch nicht, aber könnte man ja mal nachstellen, obwohl, ist schlecht, wir ham ja leider keine Coupes, vom letzteren ganz zu schweigen...
gz: Aber soīne legendäre Gründungsfigur gibīs nicht?
br: Nee, für mich sowieso nicht. Das ist einfach der Beat, der mir zusagt...
gz: Also keiner, von dem man sagen kann, der ist als erster mitīner Lederhose rumgeflitzt...
br: Nee, Leder...die haben ja eher Anzüge angehabt...
gz: Warīn das so diese white urban middleclass kids ?
br: Ich denke mal Hippies warnīs keine, Kiffer warnīs keine, wenn dann eher Alk oder īne Pille oder īn Mäd- chen in der Badewanne... Aber vielleicht kann der Bogdan da was zu sagen
bo: Ja, ich denke das war Mittelklasse, mehr oder weniger College-Typen, die sich am Strand rumgetrieben und Musik gemacht haben...
br: Stimmt, die hatten ja Strand, deshalb hat sich das bei uns vielleicht nicht so entwickelt...
bo: Bei uns ist das mehr so urban surf...
gz: Und ließ sich das so als Gruppe abgrenzen wie zB bei Mods oder Rockern ?
br: Da ist nicht soviel drüber bekannt, ehrlich gesagt..
bo: Da gibīs aber auch nicht soīn Gruppendenken, glaub ich, Surf ist viel offener... das Leben locker nehmen
gz: Ist oder war Surf je poli-tisch, oder gehtīs wirklich mehr um die Party? br: Ich denke, es geht um die Party. Es ist Musik, die klingt ehrlich und gefährlich, das spricht viele Leute an, auch heute noch
gz: Also nicht so Anti-Establishment/kein Bock auf arbeiten...
br: Nee, glaube nicht. Ich meine, wir arbeiten auch nur, wenn wir müssen. Aber wir sind ja jetzt auch inīner ganz anderen Zeit als früher da verändern sich ja auch īne Menge Sachen... bo: Ich denke, damals war das auch īne Reaktion auf den Rockīn Roll der 50er, war halt schneller und tougher, und da fahrīn die Leute ja heute noch drauf ab - wenn du siehst wer so auf īnem Surf-Konzert ist, das sind teilweise die gleichen Leute die auch zu Nirwana oder Bad Religion gehen und skaten und snow-boarden und surfen, das ist alles ähnlich...
gz: Das bringt uns zu Ver-änderungen, die so statt-gefunden haben, zB seit Dick Daleīs Pulp Fiction-Intro...
br: Ich denke das mit dem Film - da gibtīs ja auch so Pulp Fiction-Parties, das ist dann immer ganz doll - das ist einfach wie īne Fern- sehwerbung, daß das viele Leute kennengelernt haben
gz: Gibtīs da in den letzten Jahren ein breiteres Publikum ? br: Ja, auf alle Fälle. Es gibt ja auch viel mehr Bands als früher... Als wir das gehört haben gabīs ja noch gar keine Bands in Berlin, jetzt gibtīs ja schon vier oder fünf Surf-Bands hier und auch eher jüngere, wir sind ja doch schon eher älter...
gz: Wat, wie alt seid ihr denn ?
br:
Na unser Bassist ist 46
gz: Der ist wahrscheinlich der absolut älteste...
br: (lacht) Ja, wer ist der Jüngste - ich glaube Bogdan sieht recht frisch noch aus, wann bist du denn geboren?
bo: Ich bin 63er...
br: Dann ist er der Jüngste, ich bin ī64 geboren
gz: Doch schon so alt...
br: Naja, kommt drauf an, damals dachte ich, mit 20 /30 bin ich alt, jetzt denke ich mit 40 (Bogdan lacht)...
gz: Surf ist ja, wie ich mitgekriegt habe, nicht nur Musik sondern auch Poesie.
br: Da haben wir wenig mit zu tun, da mußte mal Stein fragen, unsern Bassist... Wir sind keine Poeten, wir machen eher schlechte Witze...
gz: Gibtīs soīne Art Surf- Szene in Berlin ?
br: Nicht so direkt. Es gibt einfach īn Haufen Typen, schlichtweg Rockīn Roller würde ich mal so banal sagen, die hören Rockabilly und Surf, das mischt sich ja heutzutage auch alles...
bo: Die andern sind da auch offener, hab ich das Gefühl
br: Wir sind sowieso am al-leroffensten, weil wir uns garnicht zu irgendwelchen Gruppen zusortieren wollen
bo: Es gibt keine Surfszene. Die Leute,die Punk, Grunge o.ä. hören, denen macht Surf auch Spaß. br: Wir, die Turn Marshalls, sind jaīne Racing-Band, so Rennen fahren auf vier Rädern, aber nicht soīn Geld-Gezocke wie Schumacher, der ja hoffentlich verliert...
gz: Schönen Gruß an Acke br: Ich weiß jetz nicht, wer Acke ist ?
gz: is īn richtiger Schumi-Fan
br: ach ist ja interessant, daß man sowas wirklich ... direkt kennt, ist ja wie mit dem Typ mal an der Tank- stelle, der mir erzählte, das Schumi ein gutes Vorbild für seine Söhne wäre, er hätte wohl vorher keins gehabt - unglaublich ... Also wir stehīn eher so auf die 60er und 50er - Typen, die noch im Hemd gefahren sind, ohne Sicherheitsgurt.
gz: Fahrt ihr selber Renn- wagen ?
br: Ich schon, ich hab īnen Opel GT, Baujahr ī68, der isīn bißchen zurechtgemacht, wiegt 800 Kilo und hat ca 170/180 PS...
gz: Und du scheißt auf die StVO ...?
br: Was ist StVO ? (kommt selber drauf-A.d.A.) Nee, kann ich leider nicht, hab 15 Punkte mittlerweile...
gz: Jetzt mal zur Band, seit wann gibīs die Marshalls ?
br: Zwei Jahre ungefähr, mit vielen Pausen, weil sich bei uns leider einige gern verlieben und dann wegziehen.
gz: Was ist eigentlich aus Gondelo geworden ?
br: Der ist leider weg, das ist schade, der hat nämlich auch gut gesungen
gz: Und er sah gut aus...
br: Ja der sah gut aus (lacht) wir hatten kleine Mädchen, die sind nur wegen ihm gekommen, die kommen jetzt nicht mehr... Der ist ja von den Aparatschiks, macht russische Musik, Bogdan ist auch mit in dem Projekt, wir ham alle mehrere Sachen, ich mach noch īn bißchen bayrische Volks- musik nebenher, Stein die Surfpoeten und Sven macht ganz viele Jobs und Straßen musik - deshalb haben wir leider immer wenig Zeit für Auftritte...
gz: Gibīs Pläne für Veröf- fentlichungen ?
br: Wir haben viele Pläne, die sich aber zur Zeit nicht verwirklichen lassen, weil wir gerade mal wieder pleite sind... es gibt aber dieses Tape, auch im Versand. Ach, falls die eine Person das liest, die mal eins bestellt hat: ich hab die Adresse auf dem AB nicht verstanden, der Brief kam dann zurück, die Person kann sich ruhig nochmal melden!
gz: Auf dem Tape sind die meisten Stücke instrumental
bo: Man kann jede Melodie auch singen, aber warum nicht instrumental spielen, wenn die Melodie gut ist ?
br: Eben, man spart sich den - Text ! (lacht)
gz: Ein Zeichen, das ihr keine Lust auf Message habt ?
br: Wir bringen schon īne Message glaub ich...
bo: Die steckt in der Musik!
br: Genau, und so auch in allem irgendwie...
bo: Viele sehn ja in Surf auch īne Art Freiheit, īne Lebensweise, die man in der Musik auch fühlen kann.
gz: Letzte Frage: Welche musikalischen Favoriten könnt ihr empfehlen ? br: Dick Dale, Crossfires, Challengers
bo: die Astronauts br: neuere Sachen die ich mag sind die Phantom Surfers und die Boss Marsons aus Seattle... bo: Ja die sind richtig geil, die sollte man unbedingt se- hen, wenn die alle zwei Jahre mal hier sind !
gz: jut, dann danke ich euch
br: ja, wir danken auch und vielleicht, noch zu unserm Namen, da werden wir oft gefragt: Turn Marshalls heißt so viel wie Kurven-Sheriffs....

Nunmehr griff ich mir noch den Stein, seines Zeichens Basser und Surfpoet:Stein
gz: blabla
st: Also die Surfpoeten gibs jetzt seit etwa īnem Jahr, wir ham soīn regelmäßigen Veranstaltungsort, dit is im Bergwerk immer mittwochs. Wie Surf-Poesie entstanden ist - ja dit kam so, weil wir alle gern Surf-Musik hören, und die Leute, die da die Lesungen mitmachen ham vorher die Reformbühne Heim & Welt gemacht, dit is soīne Literaturveranstal- tung, und wir ham einfach gesagt, wir probiern mal was neues aus, wo viel improvisiert wird. Da wird ein Text vorgetragen, meistens sehr lustige Texte, fiese Texte, gemeine Texte, und dann wird zwischendurch Musik aufgelegt, dann tan- zen die Leute und dann set- zenīse sich wieder brav hin und hörīn den nächsten Text. Wat dit jetzt mit Surf zu tun hat ? Also wir surfen natürlich durch Berlin, erle- ben Geschichten, erzählīn dann drüber, surfen natür- lich durch unsern eigenen Geist und verbinden uns mit dem Universum, wir surfen auf den universellen Wellen
gz: Hört sichīn bißchen nach Drogen an !?
st: Äh ja, nun, äh, mein Gott wie soll ich sagen , also wir nehmen auch Drogen, ganz schlimme Drogen: Crack und Heroin und so, aber eigent- lich normalerweise trinken wa Apfelsaft und leben jesund...
gz: Das wurde jetzt von Euch in Berlin ins Leben gerufen, gibīs da auch Verbindungen zu anderen Städten ?
st: Diese Art von Literatur- veranstaltungen, also man kann ja eigentlich garnicht von Literatur reden, diese Art von Veranstaltungen, wo Leute sich einfach ans Mikro stellen und erzählen, gibīs auch in andern Städten schon seit Jahren, so diese Sache mit dem open mic zB, in Berlin gibīs soīn Laden, die ham damit angefangen vor vielen Jahren, in der Mannsteinstraße, Ex & Pop heißt dit, Harry Haß hat dit früher gemacht, der war sein bester Kunde, deshalb hat er leider pleite jemacht, jetzt machen dit andere Leute. Ja sowas gibīs auch in anderen Städten, vielleicht nur nicht in Verbindung mit Surf-Musik. Bei uns gibīs auch soīn open mic, wenn einer īn Anliegen hat, ne Freundin sucht oder so, kanner da nach vorn gehen...
gz: Ist das ein relativ eingrenzbarer Kreis oder kommen da auch immer neue Leute dazu ?
st: Nee, ist schon ein relativ fester Kreis, sechs Leute die das machen, sind aber immer auch Gäste da.
gz: Gibīs von euch auch Veröffentlichungen ?
st: Es gibt īne Zeitschrift, die heißt "Salbader, Maga- zin für Erbauung und Be- ehrung" oder so. Das kommt so alle Vierteljahre raus, und da schreiben dann Leute sowohl von den Surfpoeten als auch von zB Dr. Seltsamīs Frühschoppen, is auch soīne Veranstaltung, Reformbühne Heim & Welt oder ein Keller Buntes, dit sind alles so ähnlich gela- gerte Sachen, mit denen ma- chen wir das zusammen.
gz: Wer daran Interesse hat, geht also ins Bergwerk...
st: Ja, jeden Mittwoch ab 21 Uhr. Pünktlich kommen, is nämlich in letzter Zeit ganz schön voll immer. Dadurch isset mit dem Tanzen auch manchmal schwierig. Also als wir angefangen haben, da saßen denn teilweise 15 Männekens, da konnte man dann noch richtig wild tan- zen, jetzt kann man nur noch Paartanz machen, Körper an Körper sozusagen...
gz: Ja denn schönīn Dank auch und bis demnäxt !
st: Ja.

Das Turn Marshalls-Tape gibīs übrigens für zehn Mark, zu bestellen bei Bruno unter # 030/925 64 91. Ist 60 Minuten lang und extrem empfehlenswert !
rog

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