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Bilanz eines Besserwissers

Bis zu einem denkwürdigen Tag in jüngster Vergangenheit Hatte meine Welt Ordnung und ich verfügte über jede Menge Prinzipien, Standardreaktionen, Vorurteile und den ganzen Kram, die einem den dschungelhaften Weg durchs Leben ebenen, und Entscheidungen sowie Meinungsbildungen von der Mühseligkeit der Recherche befreien .
Ich war so sattelfest in diesem Gebilde gebettet, daß ich mir sogar zutraute anderen Menschen zu helfen ihren Weg durchs Leben zu ebenen, indem ich Ihnen Ratschläge erteilte, und irgendwann saß ich derart fest im Sattel, das ich meine Weisheiten schon ungefragt versprühte. Meiner Sicherheit lagen Feldversuche zu Grunde .
Ich ersann auf der Suche nach Auswegen aus Problemen, die sich mir stellten, Lösungsalgorithmen ( bis hier natürlich rein hypothetischer Art), die ich dann sofort im Selbstversuch auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfte . Bei Erfolg schwand der hypothetische Anstrich schon sehr, und überlebte solch ein Lösungsalgorithmus den ersten Fremdversuch mit Erfolg war er praktisch als Weisheit wiedergeboren und wurde in den Reigen meiner Weissagungen aufgenommen .
Was pragmatisch , unkriminell und harmlos mit Tips, wie: Verlange mehr Taschengeld , dann kannst Du mehr Süßigkeiten kaufen ! , begann blähte sich mit den Jahren zu laufbahnentscheidenden Empfehlungen , wie : Laßt Euch ausmustern , dann spart ihr ein Jahr eures Lebens ! (mein Gesellenstück) , auf . Doch zu diesem Denkwürdigen Tag zurückkehrend muß ich feststellen, daß ich wohl den Prozeß aus den Augen verlierend , die von mir erdachten Lösungen schon vor dem Selbstversuch zu Weisheiten erklärte und somit an mein Meisterstück geriet , dem ich noch nicht gewachsen war, weshalb es mir jetzt das Genick brach.
Ich wollte nicht beweisen das es besonders weise sei Nachts , zwischen zwei Parties , auf schneeiger Fahrbahn vor einer Diskothek in Brandenburg einen Golf GTI , eine weiteren Golf , sowie einen Pick up der Marke General Motors zu zerschießen , ich versuche auch nicht nahezulegen das es weise sei solch einen Vorfall mit dem blitzschnellen Einlegen des zweiten Gangs zu honorieren , um ohne zum Stillstand zu gelangen das Weite zu suchen ( auch wenn es sicher ganz und gar nicht weise ist vor Ort darauf zu warten , daß das kurzhaarige Volk seinem Unmut, über den Grad der Versehrtheit ihrer Fahrzeuge, Luft macht ) , aber es kann ja mal vorkommen . Nein ich versuchte dem Problem mit einem teuren Anwalt, einer sehr rosigen Geschichte und meinem Trumpf : einem, aus Erfahrungen erwachsenen, riesigen Sack an Selbstbewußtsein gegenüberzutreten und hielt das für weise .
Doch , wie schon beschrieben , war das weit gefehlt und führte zu dem denkwürdigen Ereignis meiner Erschütterung . Doch muß ich mich auch verteidigen, denn ich bin nicht so einfältig und blind , das ich nicht in der Lage wäre ein vollkommen falsch aufgezäumtes Pferd zu erkennen und so wurde mir das auch nicht zum Verhängnis , nein eher war es meine gier diesen Husarenstreich in die Riege meiner Weissagungen aufzunehmen , die mich vergessen ließ Puffer für Eventualitäten einzubauen , jedoch das wäre angesichts eines ungewöhnlich stark zu meinen Ungunsten verlaufenden Prozesses vor dem Amtsgericht Guben nötig gewesen.
Eine blutjunge Richterin , ein verbissener Staatsanwalt und ein unvorhersehbar geladener , medizinischer Gutachter und der Anwalt meines Vertrauens waren , neben der Protokollantin und wechselnden Zeugen , die Akteure im Drama um meine Verurteilung. Die Zeugen blieben blaß und griffen gleich der Dame am Stenograph nicht weiter ins Geschehen ein . Zum Verhängnis wurde mir der Staatsanwalt , der mit nicht mehr als der Anklageschrift zum Prozeß erschien und sich auch sonst nicht die Mühe der Akteneinsicht gemacht hatte und die Richterin die ob dem Erfahrungs- und Altersunterschied zwischen ihr und dem Staatsanwalt vor Ehrfurcht fast im Boden versank.
Ich habe nichts gegen Junge Frauen , auch nicht wenn sie so hohe Ämter bekleiden , wie das eines Richters , doch in diesem Fall hielt ich sie nicht für begehrenswert , auch wenn sie es wohlmöglich war, und schon gar nicht mit der passenden Position bekleidet . Sie sagte also zu allem was er fordert amen und ich sah mich in absehbarer Zukunft meinem Recht ein Fahrzeug zu lenken und dem Recht mit der Kohle , die ich bis dahin angehäuft hatte , bzw. noch anhäufen sollte , tun und lassen zu können was ich wolle , beraubt. Ganz zu schweigen von der Weisheit , die dadurch den Weg in den Reigen meiner Weissagungen verfehlte verlor ich kurzzeitig den Glauben an das was mir bis dato meine Religion war , doch ich fing mich wieder und das nicht zuletzt auf Grund einiger meiner Weisheiten , und so sollte aus der Asche des Geschehenden , dem Phönix gleich , eine Generalweisheit aufsteigen , die mir den Weg zurück in meine Religion weist , immer wenn die selbige zusammenbricht , unter der Last des Selbstbetrugs .
Das ist moralisch nicht sonderlich lupenrein, aber immerhin hat es mich vor der Flucht in die Drogen und dem sozialen Verfall meiner Person bewahrt .
Der Angeklagte RK.

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