Seitenende

Inhalt

Home

Für fünfzig Mark in eine andere Welt Oder Muß jeder Künstler blöde sein ?

“ICH SPIELE BEREITS SEIT ICH VIER JAHRE ALT BIN THEATER.......”, wat macht der?
‘Au backe’,-dachte ich, ‘au backe’........ Nervös knabberte ich an meiner Unterlippe, die Fingernägel auf 3mm runtergefressen, - was konnte ich nur sagen ?
Vielleicht meinte der Typ auch nur, daß er mit vier Jahren den Inhalt seiner Windel theatralisch an die Wand geschmiert hat, seine Eltern haben ihn daraufhin natürlich ins Waisenhaus gesteckt. Ja, das wird es sein - schaute er nicht auch ein wenig so, als hätte er nie Liebe bekommen ?
Mist, schneller als sonst merkte ich, daß meine Phantasie mir mal wieder einen Streich spielte . Da waren sie auch wieder, diese blöden Vorurteile und ich wollte doch ohne sie hierherkommen. Ein ängstlicher Blick auf die Uhr, noch 30 Minuten und dann mußte ich über meine künstlerische Laufbahn berichten.
Verdammt, mit vier Jahren, mit vier Jahren- was habe ich da gemacht- NIX !!!!! Doch: ich hatte es endlich geschafft, meiner Mutter nicht bei jedem Bäuerchen den Brei über die Schulter zu Kotzen, aber sollte ich das erzählen ?
Ich kramte weiter in meinem Gehirn, da fiel es mir ein! Mit vierzehn hatte ich im schönsten Berufsverkehr mal auf den U-Bhf Kottbusser Tor gekotzt, weil ich mittags bei meiner Deutschlehrerin ausprobieren mußte wieviel Wein ich vertrage. Hackedicht und mit leerem Magen saß ich dann in einem Kino und schaute mir “ The Wall “ von Pink Floyd an. Die “Wall” war am nächsten Morgen mein Kopf und ich weiß bis heute nicht, um was es in diesem Film ging Meine Schweißperlen trockneten langsam, ich konnte entspannen. Arrogant sah ich mich um, tja - ich hatte meine Geschichte, - o.k. vielleicht war sie ein wenig eklig, aber bühnenreifer als jede Künstlerkacke die meine Mitstreiter so erzählten. ( Wer mich kennt, weiß, ob ich meine Story erzählte )
Nun konnte ich meinen Kopf zurücklehnen und ein wenig dösen oder vielleicht doch gleich lieber schlafen, um mir nicht noch 25 Minuten das schwulstige Geseier anzuhören ? Links und rechts von mir saßen zwei dünne Jungs, auf welche Schulter würde mein Kopf fallen, wenn ich tatsächlich einschlief ? Wer würde dümmer auf sein H&M- Shirt schauen, wenn sich da ein leicht angegrauter zäher Speichelfaden auf den Weg über seinen Oberkörper zum Oberschenkel bahnen würde ? Ja, ich vertrieb mir die Zeit !
Dann war ich dran ( für alle, die mich nicht kennen, - ich habe meine U-Bhf-Geschichte nicht erzählt), hochrot, das Blut spritze mir aus den Haarwurzeln, mit Tränen in den Augen, stand ich da und saß nach 20 Sek. wieder auf meinen Platz, arrogant klotzten jetzt die anderen. Super gelaufen, dachte ich, das Vorsprechen konnte kommen!!!!! Eine kleine Bühne, zehn Bewerber, zwei selbstverliebte Dozenten, die alle anderen toll fanden nur ich nicht, oh Gott, bin ich wirklich so anders ?
Die Halbmonde unter den Achseln meiner Mitstreiter reichten bereits bis zu den Hüften, ich war nicht mal feucht im Mund. Jeder spielte, hüpfte, sprang und schrie und langweilen tat ich mich nicht. Die schleppten auch Kostüme und Gitarren mit, ich hatte nix, deshalb zog ich bei meinem ersten Stück die Schuhe aus und beim zweiten wieder an. Immer wieder wurden Pausen gemacht, da die Dozenten über die bisherige künstlerische Leistung der einzelnen sich beraten mußten. Ein Glück hatte meine Mutter mit Stullen geschmiert, an denen ich mich festhalten konnte, ich glaube, ich habe noch die mit Leberwurst geredet. Laufend wurde ich gefragt, wie ich überhaupt essen kann, man war doch viel zu aufgeregt dafür. Ich konnte jedenfalls essen, selbst wenn alle gleichzeitig ihren Durchfall auf der Bühne verteilt hätten. Leicht schadenfroh war ich, ich geb’s zu, denn die Gitarren haben sie alle umsonst mitgeschleppt, gesungen wurde nämlich nicht, obwohl es groß angekündigt wurde, tja- da hatte ich dann auch mal Glück, denn singen konnte ich noch nie.
Dann war alles vorbei und die Ergebnisse wurden jeden einzelnen mitgeteilt, hey- geklappt hat es bei keinem (von 40 Bewerbern), aber als mir dann noch einer erzählte, daß er kein Mensch mehr ist, wenn er zwei Wochen nicht auf der Bühne steht, da wußte ich , “ Schuster bleib bei deinen Leisten “ und ich wäre kein Mensch mehr, wenn ich zwei Wochen keinen Alkohol trinken würde, so unterschiedlich sind die Menschen und mein Lied “ Spar deinen Wein nicht auf für Morgen “ hätte zu mir gepaßt, wie die Faust aufs Auge, das hätte einer mit Brechtschen Liedern erst mal versuchen sollen!!!!

N.B.

Seitenanfang

Inhalt

Home

mail to:wb13@bigfoot.de