Seitenende

Inhalt

Home

Die MZ-Story (Teil II)

Heute: Unter Geiern

Fassen wir die letzte Episode kurz zusammen, um den Faden wieder aufnehmen zu können. Geendet hatte diese mit (fast) unüberbrückbaren Hindernissen bzw. einem Hindernis in Form eines DDR-Bilderbuchverkäufers im blauen Dederonkittel, der sich jenseits aller marktwirtschaftlichen Verkaufspraktiken befand und es ihm im Vertrauen gesagt scheißegal war, ob er das Motorrad verkauft oder nicht. Schon allein aus diesem Grund konnte er von einem potentiellen Käufer wie mir verlangen, eine schriftliche Erlaubnis meiner Erziehungsberechtigten beizubringen.
Damit diese - für mich zugegebenermaßen herrliche - Zeitreise weitergehen kann muß ich natürlich die Erlaubnis von Mutti gekriegt haben, denn sonst stände ja das unmittelbare Ende dieser Episode vor uns.
Meine liebe Mutter war glücklicherweise so vorausschauend, ihren damaligen Arbeitsplatz nur ca. 1 km vom schon erwähnten Motorradgeschäft inne zu haben, was mich damals zu einem 1000- Meter-Sprint inspirierte was schließlich aufs fürstlichste belohnt wurde.

Ich muß wohl nicht erwähnen, wie ich vor “Gott im Blaumann” auf Knien durch den Laden gerutscht bin, damit er mir die Karre eine halbe Stunde zurückstellt. Wir hielten beide unser Wort und schon war ich 3500 Mark ärmer, aber in diesem Moment ganz sicher der allerglücklichste Mensch auf der ganzen weiten Welt. Ja lacht nur über so viel kindliche Schwelgerei, aber eine Fee mit drei Wünschen im Gepäck hätte mich nicht glücklicher machen können.
Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt beschreibt wohl die Situation am nächsten Morgen ganz treffend. Ich machte mich auf den Schulweg, ging mit klopfendem Herzen und in fröhlicher Erwartung “sie” endlich wiederzusehen die Treppen meines Neubaus runter. Mein Klassenkamerad wartete bereits auf mich, es war ein wunderschöner Tag bis er mich fragte warum ich an meiner neuen Maschine eigentlich keine Blinker hatte. Ich erstarrte augenblicklich und ging dann mühsam, mit steifen Beinen auf den Parkplatz. Meine Blinker, wohlgemerkt vier Stück und vor allem die Sechseckigen waren weg. Geklaut. Abgerissen. Da wo die guten Stücke einstmals thronten ragten nur noch häßliche bunte Drähte aus dem Aufsatzrohr. Ich war fassungslos über so viel so viel Dreistigkeit.
Da hatte irgendein Schwachkopf die Regel: “Eines Mannes MZ ist seine Burg” nicht verstanden oder bewußt übertreten. Aber es brachte gar nichts, alte Ehrenkodexe aufzuwärmen, die Situation blieb dieselbe. Was also tun? Neue kaufen? Ein riesiges Problem tat sich vor meinen Augen auf. Die Wiederbeschaffung war, grob beschrieben etwas schwierig. Anders gesagt: Es war leichter einmal die Woche mit einem Beutel voll Bananen nach Hause zu kommen, einen Wartburgkeilriemen im Laden zu kaufen oder vernünftige Klamotten im Handelhaus am Prerower Platz zu kriegen, die nicht jeder Hohenschönhausener anhatte. Und selbst wenn man an die Blinker rankam, was nützte einem das, wenn grausame Langfinger einen Tag später wieder zur Defloration schreiten würden?
Der Tag war sowas von gelaufen.

Der Rest der Geschichte reiht sich nahtlos in die eher traurigen Kapitel der MZ-Story ein. Die Versicherung bezahlte die sechseckigen Blinker (8 Mark das Stück) und ich kaufte mir die Runden zu 5 Mark das Stück, die ich natürlich nicht auf das Rohr stecken konnte, weil der Durchmesser nicht stimmte.
Also Friemelscheiße die mich bis heute in Form diverse abgebrochener, kurzgeschlossener und unter Wasser stehender, kurz: funktionsuntüchtiger Blinker, verfolgt. Aber inzwischen bin ich viel zu stolz, sie gegen Sechseckige auszutauschen, auch wenn´s im Westen alles gibt (bloß nicht mehr für 8 Mark). In diesem Zusammenhang sei noch das Ungeschick des Terrorized-Gitaristen A.W. erwähnt, der ein paar Jahre später mit seiner Klampfe auf dem Rücken im Handstreich mein Rücklicht abmähte, was ebenfalls etliche Klebeaktionen, z.B. Mit Heißwachs (die Hölle) erforderte, bis er mir ein neues Licht besorgte. Danke noch mal! Was lernen wir aus der Geschichte? Nicht alles was aus dem Osten kommt, ist automatisch gut, wie es uns immer einige Leute weißmachen wollen. Wo Mangelwirtschaft und kriminelle Energie eine unheilige Allianz eingehen, da leben MZ-Motorräder gefährlich. Ich habe meine Lektion gelernt.

Henne

Seitenanfang

Inhalt

Home

mail to:wb13@bigfoot.de